Sonntag, 3. Februar 2008

Sonntagstraining - 03.02.2008 - Ukemi des Herzens

Ich musste schmunzeln und zustimmend nicken, als Horst am vergangenen Mittwoch zum Ende des Trainings sagte, dass er das Gefühl habe, dass möglicherweise durch die Ermüdung von hanmi handachi waza, nage (der ausführende Partner) nicht mehr so tief gehen wollte oder konnte.
In unserem Kontext spricht diese Situation Bände, weil Horsts Hinweis im Grunde ein sprichwörtlicher Wink mit dem Zaunpfahl für alle Sonntagskinder war!
Ich bitte euch nun eurer Augenmerk morgen nicht auf die – von Horst monierte - möglicherweise ungenügend tiefe Bewegung von nage zu richten, sondern auf das ukemi von uke; denn hier ist - meiner Meinung nach - wahrscheinlich viel eher der Grund für das “Nichtzustandekommen“ der Technik zu suchen.
Überlegen wir mal: bei der Technik soto kaiten nage aus katate dori, welche uns in der letzten Woche beschäftigt hat, trat nage aus der Linie und bewegte sich so, dass uke die Bewegung nach unten verfolgte und anschließend mit gesenktem Kopf stand (siehe Bild oben). Nach einigen Dutzend Wiederholungen aber wurde es immer schwerer uke in diese Position zu bringen.
Das ergab sich zwangsläufig, denn uke kannte nach den vielen Wiederholungen bereits die Bewegung und konnte mit zunehmender Anstrengung das nach vorne Beugen vermeiden und einfach relativ aufrecht stehen bleiben; wozu sich denn auch unnötig anstrengen, oder?!
Aber genau hier liegt des Pudels Kern: Auch wenn es 10.000 Wiederholungen wären, wäre es immer noch ukes Pflicht und Aufgabe nage die Technik durch einen aufrichtigen Angriff zu ermöglichen. Und genau hieran – glaube ich – hat es den meisten am vergangenen Mittwoch gemangelt. Die Angriffe kamen halbherzig, und sie kamen umso halbherziger, als die Bewegung bereits geahnt oder gekannt wurde.
Diese bequeme, „ich hab’ keinen Bock aus Kopf-’runter-Haltung“ ist nicht nur unwürdig, sie drückt auch Trotz und Dickköpfigkeit aus, die nicht selten nage dazu verleiten die Gegenwehr, weil Form von Verspannung, mit rabiateren Mitteln brechen zu wollen. Das Resultat sind dann böse Stürze und Verletzungen; und die müssen doch wirklich nicht sein, denkt ihr nicht auch?
Und die Moral von der Geschicht’: Unser ukemi ist ein Geschenk an nage, an unseren Partner! Es ist Ausdruck unseres Wunsches unserem Partner das Üben der Technik zu ermöglichen. Damit ist nicht gemeint, dass man sich wie das sprichwörtliche Schaf auf dem Weg zur Schlachtbank verhalten soll, sondern dass man beherzt angreift, beseelt von dem Wunsch dem Partner die nötige Energie zur Verfügung zu stellen, damit er seine Technik effizient üben kann. Als uke steht mal stabil, richtet sich immer wieder neu an der Bewegung des Partners aus, sucht immer wieder das Gleichgewicht, so lange, bis nages Technik einen zwingt zu Boden zu gehen. Aber immer wieder erhebt man sich, orientiert sich neu und greift mit neuem Eifer an, jedes Mal mit dem Gedanken, die Technik, die nage ausführen wird nicht zu kennen, frei von Voreingenommenheit und vorgefassten-, egomanischen Gedanken, die einen dazu verleiten mit unsinniger innerer Verspannung beweisen zu wollen, dass man stärker oder besser als der Partner ist.
Aus dem stolzen und beherzten Angreifer, dem „ki-schickenden Aggressor“ wird der bescheidene und demütige Partner, dessen größter Wunsch es ist gemeinsam mit dem Ausführenden die Harmonie des Aiki mit der Form der Technik zu verschmelzen. Das Geheimnis dieser Kunst heißt „Ukemi des Herzens“.

8:45 Umziehen und Matten

9:00 Bokken (bitte keine Verspätungen, die Tür wird pünktlich geschlossen!)

9:55 Pause/Umziehen

10:00 Aikido

Bis morgen,

ich freue mich,
alles Liebe,
Henryk

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