Dienstag, 1. Mai 2007

Fiat lux...der erste Post (Editorial)

Schon Meister Ueshiba sagte: „Emphasis on the physical aspects of warriorship is futile, for the power of the body is always limited.” Das Studium der theoretischen- und historischen Aspekte des Weges eröffnet einem das Tor zum Zen. Und die Praxis des Zen, Za-Zen, seinerseits ganz neue Perspektiven auf das Aikido.

Für wen ist dieser Blog intendiert? – Engen wir den Benutzerkreis von Anfang an durch positive Ausgrenzung ein: Es wird nicht wenige geben die denken „wann hält der endlich mal seine Klappe“, aber sehr wenige gibt es, die dies aufrichtig mitteilen. Auf ein „halt deine Klappe“ folgt dann logischerweise ein „mach’ dich vom Acker oder stopf dir Watte in die Ohren; musst es ja nicht hören, ergo lesen“.
Glücklicherweise ist das Medium Internet ein selektives, so dass jeder entscheiden kann ob und was er nutzt, oder was er mit seinem Raum macht.
Ich habe mich entschieden an dieser Stelle meine Gedanken zu kommunizieren, die mich während meiner Aikido-Praxis begleiten. Eigentlich begleiten sie meine Musestunden, denn während des Trainings mache ich mich so weit wie möglich von allen Gedanken frei, um so vorbehaltlos wie möglich den Weg zu erfahren.

Ich persönlich halte von falscher Bescheidenheit gar nichts und mir sind in meinem Leben schon weiß Buddha wie viele Menschen unter gekommen, die mit künstlichem Gehabe und gekünsteltem Benehmen versuchten ein unechtes Bild von sich zu vermitteln. Natürlich hat so etwas mit dem Ego zu tun, und ist grundsätzlich völlig normal. Denn, ob nun anerzogen oder irgendwo aufgeschnappt, bauen wir Menschen diese Wände und diese Masken nun einmal auf, das ist einfach so! - Ich für meinen Teil versuche so gut es eben geht ohne sie auszukommen. Mein Motto lautet: „what you see is what you get“: Ob es nun um Morgenmuffeligkeit geht oder um exzessive Introversion oder hysterische Extroversion, meine Haltung gegenüber all diesen Extremen ist immer die gleiche: ich verstelle mich für niemanden und hoffe, dass sich niemand für mich verstellt. - Die Kreise zweier Leben kreuzen sich unter Umständen an einer gewissen Schnittstelle und an diesem Punkt kommt man anderen Menschen näher oder auch nicht, das ist egal! - In der normalen Kondition des Lebens gibt es gemäß der Lehre des Zen keine Unterschiede. Normal ist für mich das Natürliche, ohne jede Verstellung und ohne dargestellte Illusionen: Die Menschen sind wie sie sind; ich gebe mich da keinen Wunschträumen hin.

Ich nehme den Weg des Aiki als universelle Form der Kommunikation wahr, als kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Aikidoka oder zwischen den Menschen allgemein. - Seine theoretischen Grundlagen und seine Historie finde ich dabei genauso wichtig oder unwichtig, wie seine Praxis. Spätestens wenn auf der Matte das Budo dann nicht richtig funktioniert, oder wenn bestimmte Konzepte zwischen den Partnern offensichtlich nicht klar sind, kommt es unweigerlich zu Ungleichgewichten. Das können Missverständnisse, Widerworte, Schmerzen, aber auch handfeste Kämpfe sein.
Mein Ego habe ich nicht aufgegeben, zumindest noch nicht, denn dazu sitze ich noch nicht lange genug auf meinem Stein...(vielleicht sollte ich mal versuchen es nicht mehr aufgeben zu wollen!) Ich versuche lediglich es vor dem Training draußen am Eingang abzugeben, um möglichst unvoreingenommen auf die Matten zu kommen. Dabei mache ich keine Unterschiede, nehme alle Partner auf die gleiche Weise war, nehme mich selbst da auch nicht aus, "pares inter pares".
Also sei gesagt: Es geht hier in diesem Blog nicht um Urteile oder vermeintlich universelle Wahrheiten, sondern um Wahrnehmungen. Sie können einen täuschen, denn wir sind nicht geschult, um die transparente Reinheit der universellen Verbundenheit der Dinge zu begreifen, obwohl wir selbst Teil von ihr sind. Wir ahnen zwar, dass da etwas ist, aber wir unternehmen große Anstrengungen um uns auf tausend Arten von diesem Enigma abzulenken, statt ihm von Angesicht zu Angesicht zu begegnen.
Ich möchte versuchen ein Gleichgewicht zu schaffen, zwischen den Worten und den Taten des Weges. Es ist mein Wunsch, dass die Rationalität und Beredsamkeit der westlichen Welt Hand in Hand mit der stillen Weisheit des Ostens zu einem harmonischen Ganzen zusammenwächst, und sich in den neuen Formen des Weges ausdrückt. O Sensei Morihei Ueshiba sagte: „The techniques of the Way of Peace change constantly; every encounter is unique, and the appropriate response should emerge naturally. Today's techniques will be different tomorrow. Do not get caught up with the form and appearance of a challenge. The Art of Peace has no form - it is the study of the spirit.”
Obgleich das Schweigen des Geistes, also die friedliche Ruhe des Universums unverkennbar als Ideal des Budo steht und sehr erstrebenswert erscheint, so drückt sich der menschliche Geist gegenüber anderen Menschen bis jetzt noch durch Worte aus. Kunst und Musik bieten eine Art von Vorschau von der unbeschreiblichen Schönheit des reinen Dharma ohne Worte, ohne Ton. Es ist ohne Namen und ohne Substanz, daher benötigt es auch keine Worte mehr, um verstanden zu werden.
Aber diese utopische und ideelle Darstellung erfüllt sich nur für wenige von uns, so dass die breite Mehrheit weiterhin den Illusionen, Wünschen und Hoffnungen hinterher jagen wird.
Bis sich das auf universeller Ebene ändert, bleibt die Sprache das Mittel der Wahl für die Kommunikation zwischen den Menschen.

Der Tag wird kommen, da werde ich diesen Raum verlassen, denn an diesem Tag werde ich die Worte als Mittel der Vermittlung und des Verständnisses loslassen. Bis das eintritt, möchte ich es so halten wie so viele Andere, die sich dem Weg verschrieben haben: Ob nun Aikidolehrer oder Zen-Mönch, viele von ihnen haben ihr Leben lang der Vermittlung ihrer Erfahrungen gewidmet und nicht nur verbal gelehrt, sondern auch ihre Gedanken, Kommentare und Erfahrungen in schriftlicher Form tradiert. Es spricht also nichts dagegen, die eigenen Wahrnehmungen im Kreise der Interessierten zu entäußern. Wer es hören will... hört, hört!

Bleibt mir also nur zu raten, sich der Lektüre meiner Worte zu enthalten, wenn man den Weg geistig und ohne geschriebene und gesprochene Worte zu gehen wünscht.
Aber das sympathische an dieser Situation ist, - und ich kann mich eines Lächelns nicht erwehren - dass die größten Kritiker auch die fleißigsten Leser sind, dafür sprechen die Statistiken dieses Blogs.
Wer also meine Gedanken zu teilen wünscht, der sei mit offenem Herzen begrüßt, und wer dies nicht wünscht, der sei genauso herzlich verabschiedet: wir werden dich nicht vermissen, wünschen dir aber alles erdenklich Gute auf deinem Weg! ;o)

Allen Anderen: Willkommen im Bolg des TU AIKIDO Sonntagstrainings!

Henryk von Pradow

Berlin, den 1. Mai 2007

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